Kjubh

Barbara Schüttpelz

09 Apr - 08 May 2011

© Barbara Schüttpelz
BARBARA SCHÜTTPELZ
Like a Rhinestone Cowboy
9. April bis 8. Mai 2011

Barbara Schüttpelz’ (geb. 1962) Ausstellungstitel "Like a Rhinestone Cowboy" zitiert einen bekannten Song Glen Campbells von 1975. Das Lied handelt von einem alternden Musiker, der einen steinigen Weg gegangen ist, darüber aber den Traum nicht aufgibt, eines Tages ein "rhinestone cowboy." zu werden. Robert Redford in seiner Rolle als "Electric Horseman" (1979) erscheint in einer Computerprint-Edition in einem der glitzernden Rheinkristalle wie ein Alter Ego der Künstlerin. Auch die Kraftwerk-Musiker Ralf Hütter und Florian Schneider hat Barbara Schüttpelz als rheinisches Urgestein des Techno in Porträts kristallisiert. 1975 erschien zeitgleich zu "Rhinestone Cowboy" ihr erstes vollsynthetisch produziertes Album "Radio-Aktivität" - ein Thema, das Schüttpelz auch aufgrund der Frage der Darstellbarkeit schon seit langem interessiert. In einer Reihe von weiteren Drucken zeigt sie Radioaktivität speichernde Waldpilze, einen Mehlschirmling, einen Knollenblätterpilz und einen Champignon, die von Atompilzen, überlagert werden.

Die Editionen sind auch Vorstudien für geplante malerische Arbeiten. Am Computer entwickelt Barbara Schüttpelz nicht nur die malerischen Motive, die einer aufwändigen graphischen Vorbereitung unterzogen werden, bevor sie auf die Leinwand übertragen werden. Das Internet und insbesondere das Forum Facebook stellen für sie auch eine wichtige Inspirations- und Informationsquelle dar. Schüttpelz’ Arbeiten behaupten keine Autonomie, sondern sind Teil einer Auseinandersetzung, die in darauf aufbauenden Gedanken und Gesprächen weitergeführt werden. Malerei wird so zu einer Art Rechercheprozess. Dieser Arbeitsweise entsprechend stellt Schüttpelz im kjubh Malereien aus dem Zeitraum zwischen 2005 und 2010 aus. Sie zeigt Computerprints als Teil eines neuen Projekts und hohe Keramikvasen aus den Jahren 2001 bis 2002. Eine rosa-türkise Vase zeigt, an einen Bartmannskrug erinnernd, ein Adenauerporträt.

Auch zwei Bilder zeigen Porträts von Männern mittleren Alters, erstens einen trägen, deutschen Polizisten mit einem überdimensionierten, schnörkeligen Bart. Ausgehend von seinem tarnfarbenem Hemd scheint er sich, wie Daphne, in einen Eichenbaum zu verwandeln. Und zweitens ein Porträt Walter Gropius’, des Altmeisters der Moderne, als Husar. Tatsächlich nahm er als solcher am 1. Weltkrieg teil. Gesicht, Mütze, Gewehr und vor allen Dingen die Jacke des Husaren sind mit einem Ornament aus Eiern durchzogen. Die serielle Reihung der gleichförmigen Eier, die in einigen Bereichen durch Muster, wie man sie von rumänischen Ostereiern kennt, geschmückt sind, schematisieren das Porträt und entwickeln suggestive Kraft. Barbara Schüttpelz interessiert sich - nach eigener Aussage - für eine primitivistische Form der Malerei und die Frage, wie außereuropäische Kunst heute noch als Vorbild dienen kann. In ihrer Art der Darstellung, welche die Figur Gropius’ zwischen Flächigkeit, Volumen und Ornament changieren lässt, scheint es in diesem Sinne, wie bei afrikanischen Masken, weniger um eine naturalistische als um eine konzeptuelle Form der Darstellung zu gehen. Immer wieder stellt Schüttpelz die Frage nach der anthropologischen Struktur, die auch zeitgenössischer Kultur und insbesondere Malerei zugrunde liegt.

Das Bildnis "Petra von Kant" von 2010 zitiert einen vorkolonial, indischen Stoff. Dieses Bild einer nackten Frau an der Staffelei wird durch florale Muster und Grotesken strukturiert. Ist sie Malerin oder Modell? Von einem gelben Oval mit Schmuckrand gerahmt, sieht man nur die hellgelbe Silhouette ihres Körpers, ihre kirschroten Haare, ihr Gesicht und die schematische Darstellung ihrer Verdauungsorgane in Silber. Ihre Organe sind spiegelverkehrt dargestellt. Das Bildnis der Malerin, die bis auf ihr Innerstes durchleuchtet wird, trägt den Titel „Petra von Kant“ nach der Filmfigur Rainer Werner Fassbinders, einer Modedesignerin, deren persönliches Schicksal durch ihre emotionalen Machtspiele und Abhängigkeiten bestimmt wird. Schüttpelz bezieht sich in der Darstellung der nackten Frau und ihrer Gedärme auf den vom Künstler sezierten Körper, wie er auch von Georges Didi-Hubermann in seinem Buch "Venus öffnen, Nacktheit, Traum, Grausamkeit" (Zürich 2006) dargestellt wurde.

Zur Eröffnung der Ausstellung wird Claus Richter, ein Künstlerkollege und Freund von Barbara Schüttpelz, ein Gedicht vortragen: "Der Albatros". In dem Film "Satansbraten" von Fassbinder spielt das Gedicht Baudelaires, in seiner deutschen Übersetzung durch den Lyriker Stefan George, eine zentrale Rolle. George ist sowohl für seine offen gelebte Homosexualität als auch für seine Nähe zum Nationalsozialismus bekannt. "Satansbraten" (1976) ist eine grausame Screwball-Komödie über den linken Kulturbetrieb der 70er Jahre, in der ein Künstler seinen Status nutzt, um seine erniedrigenden Beziehungsmuster salonfähig zu machen.

Anja Nathan -Dorn
 

Tags: Rainer Fetting, Claus Richter