Haubrok

Less

21 Jun - 02 Aug 2008

LESS
21/06/2008 - 02/08/2008

Martin Creed
Morgan Fisher
Jens Haaning
David Lieske
Scott Lyall
Jonathan Monk
Karin Sander
Tino Sehgal
Jan Timme
Haegue Yang
Ian Wilson

Warum „less"?

Mein Ziel bei dieser Ausstellung ist es, mit Arbeiten aus der Sammlung die Reduktion auf das Minimale zu thematisieren. Es werden außerordentlich unterschiedliche Arbeiten gezeigt, die nur wenig mit dem klassischen Minimalismus zu tun haben, vielmehr spielerisch mit dem Thema umgehen und dabei die unterschiedlichsten künstlerischen Strategien verdeutlichen.

Eine Gruppe von Künstlern steht dabei für den formalen Aspekt der Reduktion. Tino Sehgal als herausragendes Beispiel vermeidet jede schriftliche Veröffentlichung zu seinen Werken. Abbildungen oder Dokumente über den Kauf und schriftliche Präsentationsanweisungen gibt es von ihnen nicht. Die Arbeit „This is Propaganda" wurde unter anderem im Rahmen der Biennale di Venezia 2003 gezeigt.

Formal mit dieser Radikalität vergleichbar ist die Arbeit "A Sheet of Paper crumbled into a Ball" von Martin Creed. Diese einfache Arbeit erklärt sich von selbst., aber sie ist durch die Grundsätzlichkeit ihrer Aussage sicherlich eine sehr bedeutende Arbeit.

Ebenso von grundsätzlicher Natur ist „Circle on the Floor" von Ian Wilson aus dem Jahr 1968. Es ist die letzte Arbeit des Künstlers, die visuell als Kunstwerk greifbar ist. Für Wilson war damit ein Endpunkt der ständigen Suche nach noch mehr Abstraktion erreicht. In den darauf folgenden 40 Jahren hat Wilson nur noch öffentliche Diskussionen (als Kunstwerke) durchgeführt.

Haegue Yang hat bei ihren „Analphabetischen Überbleibseln" leere Seiten an Freunde und Bekannte gefaxt, die von denen wieder zurückgesendet wurden. Dieser Prozess wird nur sichtbar, da die Kennungs-Zeilen bleiben. Bei der Arbeit „Whatever beeing" handelt es sich um eine einfache, aber sehr poetische Wandarbeit. Ein DIN A4 Blatt tritt aus der Wand und wird so zur Skulptur.

Von Jonathan Monk sind 3 Arbeiten in der Ausstellung: ein kleines von ihm gefundenes Foto eines Babys auf dem Töpfchen „A bit of Matter and a little bit more", eine Postkarte mit Bleistiftstrich, die erst durch die Installationsanweisung ihren Sinn erhält: „My Heights in HB Pencil" und 10 Messingblöcke im Format bedeutender Künstler-Bücher: „4 Sol Lewitts, 3 Ed Ruschas, 2 Lawrence Weiners and a Robert Barry". Eine Zuordnung ist ohne die Originale nicht möglich.

Die Arbeit „There is enough magnesium in the human body to take a photograph" von Jan Timme passt aus zwei Gründen in die Ausstellung: Der erste ergibt sich aus dem Inhalt des Textes, der zweite daraus, dass zur Produktion des Fotos der Text auf der Ausstellungswand installiert, fotografiert und anschließend wieder entfernt wird. Zu sehen ist jetzt nur das Foto der Wandarbeit.

Bei der Arbeit von David Lieske geht es um das weiche Licht, das durch das Aufbringen von Buttermilch auf die Fensterscheibe in einem Raum erzeugt wird, eine Methode, die viele klassische Maler angewendet haben, um eine bestimmte Stimmung wiedergeben zu können.

Das „Gebrauchsbild" von Karin Sander zeigt bei genauster Betrachtung minimale Spuren von Feuchtigkeit. Es hing in den letzten Jahren in unserem Badezimmer.

Der Kalender von Andreas Slominski, eine Leihgabe von Ingeborg Winsowski, hat keine Blätter mehr und lässt so keine Schlüsse auf seine ursprüngliche Funktion zu. Gleichzeitig ist die Arbeit natürlich ein melancholischer Kommentar auf die Vergänglichkeit.

Michael Asher hat in den 60erJahren eine leere Galerie-Wand zur Arbeit erklärt, abfotografiert und im Katalog abgebildet. Die Wandarbeit von Scott Lyall, die jetzt in der Ausstellung zu sehen ist, ist die Reproduktion dieser weißen Katalog-Seite (wieder auf einer Galeriewand). Auf der jetzigen Wandarbeit sind natürlich auch die Spuren der Zeit zu sehen.

Eine zeitliche Verschiebung ganz anderer Art nimmt Jens Haaning vor. Seine Uhr geht 2 Stunden vor und versetzt uns so nach Bagdad.

Von Morgan Fisher, in den 60iger Jahren einer der wichtigsten strukturalistischen Filmemacher, zeige ich einen Spiegel, dessen Seitenverhältnisse die des klassischen Europäischen Spielfilms widerspiegeln: „European Standard Widescreen 1.66:1" aus der Serie „Aspect Ratio Pieces" macht den Betrachter zum Akteur.

Ein Werkkomplex von Peter Piller besteht aus den sog. „Bürozeichnungen" mit denen er das tägliche Leben und die Gesprächsthemen seiner Mitarbeiter in einer Werbeagentur kommentiert. Für „less" habe ich die einzige Zeichnung ausgewählt, die keine Abbildung enthält. Der Text spricht für sich: „Manche sagen, die Wohnung des Chefs sei ganz in weiß eingerichtet".

Axel Haubrok
 

Tags: Robert Barry, Martin Creed, Morgan Fisher, Jens Haaning, David Lieske, Scott Lyall, Jonathan Monk, Peter Piller, Karin Sander, Tino Sehgal, Andreas Slominski, Jan Timme, Ian Wilson, Haegue Yang