Grita Insam

Irwin

26 Jun - 07 Aug 2009

IRWIN
June 26 - August 7, 2009

In Anlehnung an „Rrose Sélavy“, dem weiblichen Pseudonym von Marcel Duchamp, nannten sich die Künstler Dušan Mandic, Miran Mohar, Andrej Savski, Roman Uranjek und Borut Vogelnik im Jahr 1983 zunächst „Rrose IRWIN Sélavy“. Über den Namen „R IRWIN S“ fanden sie schließlich zur gekürzten Bezeichnung IRWIN. Sie stellen die Identität des Kollektivs deutlich über die Individualität des Einzelnen und arbeiten in Affirmation zur lokalen und nationalen Kultur Sloweniens. Gemeinsam mit der Musikgruppe Laibach, dem Theater Sisters of Scipio Nasica, der Design Abteilung New Collectivism, u.a., gründeten IRWIN 1984 im künstlerischen Kollektiv die „Neue Slowenische Kunst (NSK)“. In diesem Netzwerk aus künstlerischen Beziehungen wird die Position und Funktion von Kunst in der Gesellschaft konsequent und strategisch untersucht.

Mit ihrem programmatischen Eklektizismus fand das Kollektiv IRWIN eine Möglichkeit der Loslösung von der Vorstellung des immer originellen, innovativen Künstlerindividuums. IRWIN bedient sich in selektiver, historisch rückbezogener Weise bereits entwickelter und abgeschlossener Kunstleistungen, um dadurch eine Zirkulation von Ideen zu schaffen, eine Rekonstruktion der Vergangenheit und gleichzeitig eine Vorahnung der Zukunft - „art always interprets art and is therefore a process never brought to a conclusion“.

IRWINs Politik der Aneignung von bereits existierendem Formenvokabular und ihre spezifische Bildsprache, die ausdrücklich aus Zitaten europäischer Kunst besteht, wird unter der Bezeichnung retro-prinzip subsumiert, eine paradoxe Vorwärtsbewegung, die ausdrücklich in Referenz zu Vergangenem agiert. Die Gruppe integriert Zitate der Künstlerkollegen in komplexe und vielschichtige Montagen, in Anspielung auf die Abwesenheit von moderner und zeitgenössischer Kunstgeschichtsschreibung in Osteuropa.
Als Leitmotiv fungieren Kazimir Malevichs schwarzes Kreuz, sowie die teilweise von Laibach übernommenen Motive des Hirschs, des Adlers und des Sämanns. Neben auf diesen formalen und motivischen Elementen beruhenden Arbeiten („ursula narcis“, 2005; „cross“, 2005; „irwin goes to the monochrome“, 2009 u.a.) zeigt die Galerie Grita Insam in der aktuellen Ausstellung erstmals auch monochrome Werke, entstanden in Anlehnung an Aleksandr Rodchenkos Malereien von 1921. Die aus Legosteinen bestehenden monochromen Flächen von „Yellow Monochrome“, „Red Monochrome“ und „Blue Monochrome“ verweisen auf Rodchenkos Triptychon der drei primären Farben, die das logische Ende formaler Untersuchungen des Künstlers darstellen. Rodchenko postulierte seine monochromen Leinwände als Demontage der Prämisse der Malerei, als Ende des Illusionismus.
In der Arbeit "Was ist Kunst, Tbilisi" (in collaboration with Georgian Army), 2007 verbindet das Künstlerkollektiv ihren programmatischen Eklektizismus mit der semantischen Transformation von Bildern. Die Gruppe extrahierte gezielt Symbole und Zeichen aus ihrem gewohnten Kontext und setzte sie in einen neuen Zusammenhang. Dadurch wird deutlich, dass die semantische Aufladung den Symbolen nicht inhärent ist, sondern durch den Kontext determiniert wird. IRWIN stellt somit die Frage nach Macht und den Strategien von Macht. Was ist Kunst spielt mit der Dialektik zwischen Bedeutung und Form, zwischen politisch instrumentalisierten Symbolen und deren „entleerter“ Existenz als formale Strukturen. Diese unaufhörliche Oszillation zwischen Funktionalität und Entleertheit verweist wiederum auf das Grundprinzip der Gruppe: zirkulierende individuelle Elemente, die in ihrer semantischen Struktur verändert werden um sich danach wieder in den Prozess einzugliedern.
 

Tags: Marcel Duchamp, IRWIN