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GUNNAR LUETZOW
 

KABUL DREAMS MIT DEM BERLINER KUENSTLER WILL KEMPKES UNTERWEGS DURCHS IMAGINAERE AFGHANISTAN

Will Kempkes: Champ, Öl auf Leinwand, 2013, 200x250 cm. (c) The artist, courtesy AJL Art.
Schon Theodor Fontane ahnte, dass die Sache mit dem Hindukusch keine
gute Idee war: Mit den Zeilen "Der Schnee leis stäubend vom Himmel
fällt, Ein Reiter vor Dschellalabad hält, "Wer da!" - "Ein britischer
Reitersmann, Bringe Botschaft aus Afghanistan" beginnt sein anlässlich
des ersten anglo-afghanischen Krieges (1839-1842) entstandenes
"Trauerspiel von Afghanistan". Ein Trauerspiel, das sich endlos
fortzusetzen scheint und auch im 21. Jahrhundert Spuren hinterlässt -
zum Beispiel in acht großformatigen Ölgemälden des jungen Berliner
Malers Will Kempkes (*1986, Berlin), der diese im Rahmen seiner ersten
Einzelausstellung "And Now We Come All Hot Pursuit" bei AJL Art zeigt.

Kempkes erklärt: "Woran ich bei der Entstehung des aktuellen
Werkzyklus gedacht habe, sind die weiten Landschaften Afghanistans -
und die Bilder marschierender militärischer Formationen vor diesem
Horizont, die man im Internet und in den Magazinen sieht. Bilder,
denen man gar nicht ausweichen kann, wenn man nur die Straße betritt
und am Kiosk vorbeigeht. Dabei geht es mir allerdings nicht um
Afghanistan als konkreten Ort, sondern um das Undefinierte des Raums."
Diese scheinbar endlose Leere füllt er flink mit Helden und
Anti-Helden der jüngsten Gegenwart, zu denen ein im Handygewitter
sterbender Gaddafi ebenso gehören wie ein sprintender Usain Bolt oder
ein im Internet mit schwarzen Kreditkarte und goldenen Zähnen
posierender American Football-Star.

Besondere Augenmerk legt der auch mit den Einflüssen der
Egoshooter-Ästhetik arbeitende Künstler jedoch auf die Figur des
anonymen Wüstenkriegers, der für ihn zu einem Sinnbild unserer noch
immer von den orientalistisch geprägten Klischees des neunzehnten
Jahrhunderts geprägten Wahrnehmung weniger vertrauter Erdregionen
wird: "In der Produktion von Computerspielen wie Counter-Strike werden
Aufnahmen einer syrischen Stadt so herunter gebrochen, dass es reicht,
um bestimmte Fantasien auszuspielen, in denen das Andere gleichzeitig
dämonisiert, aber auch besiegbar gemacht wird." Wie es damals übrigens
ausgegangen ist? Nun ja: "Die hören sollen, sie hören nicht mehr,
Vernichtet ist das ganze Heer, Mit dreizehntausend der Zug begann,
Einer kam heim aus Afghanistan."

Will Kempkes: And Now We Come All Hot Pursuit
AJL Art @ Besselstr. 13-14
10969 Berlin
Eröffnung 26.7. 18-22 Uhr
27 Jul – 09 Aug 2013
Mon-Sat: 11–6pm
www.ajlgallery.com